Die gestohlenen Jägerinnen

In der Nacht von einem Sonntag auf Montag, den 14. März 2016, ist es wieder geschehen: Aus einem öffentlichen Park sind wertvolle Metallskulpturen entwendet worden. Diesmal traf es die Storchengruppe des Künstler Philipp Harth aus dem Jahre 1956 im Köln-Deutzer Rheinpark.

Die Storche standen frisch renoviert in einem Beet am Gebäude des Park-Cafès. Um Kunstraub dürfte es sich nicht gehandelt haben. Die kostbaren Skulpturen wurden möglicherweise von Metalldieben entwendet und für einen Bruchteil ihres Kunstwertes eingeschmolzen – ein schmerzlicher und unwiederbringlicher Verlust für das Ensemble um das traurig vor sich hindämmernde Park-Cafe. Seit der Bundesgartenschau 1957 gehörten die Bronzetiere bei einem Spaziergang durch den Rheinpark zum einem Bild, das in der Erinnerung aufmerksamer Besucher verankert ist. Der beraubte Ort muss für Liebhaber verstörend wirken.

Ein ähnlicher Vorfall ereignete sich im Januar 2013 im Leverkusener Carl-Duisberg-Park unweit der Konzernzentrale der Bayer AG am Chempark. Ein Pressefoto zeigte einen auf Höhe der Fessel abgetrennten Fuß auf einem Sockel. Die Grausamkeit der Tat wurde durch eine blutrote Flüssigkeit bildlich, die sich innerhalb der kreisrunden Fräskante zu sammeln und in Flecken auf der umliegenden Steinfläche zu ergießen schien. Die Jägerinnen des Künstlers Fritz Klimsch waren für immer verschwunden. Zwei weitere Kunstwerke wurden ebenfalls aus dem Park entwendet

Die gestohlenen Jägerinnen von Fritz Klimsch © Markus Danner
Wahrscheinlich eine der letzten Aufnahmen der schönen Jägerinnen, Foto © Markus Danner

Der Direktor der Farbenfabriken vorm. Friedr. Bayer & Co, Carl Duisberg, ließ die beiden Nackten 1913 im Garten seiner Villa am Werk aufstellen. Künstler Fritz Klimsch steuerte einen erheblichen Anteil zur Sammlung des Kunstmäzens Duisburg bei.

Fehlende Seiten

Ich habe diese Schönheiten geliebt. Ihr Verschwinden hat mich tief berührt. Kennengelernt habe ich sie bereits bei den zahlreichen Besuchen des Parks mit den Eltern in meiner Kindheit. Auch später blieben die Skulpturen stets Pflichtprogramm bei einem Ausflug in den Japanischen Garten, wo die Skulpturen über Jahrzehnte aufgestellt waren – bewacht von einer Alarmanlage auf den Brücken zum Park. Meist habe ich die Bank außerhalb des Wasserlaufes um den Park aufgesucht, von der aus man das Kunstwerk in der Gartenflucht am besten betrachten konnte. Natürlich hätte ich die Jägerinnen als Ort unter den 111 meines Buches gewählt, und sicher wären sie auch zwei meiner Lieblingsseiten. Daraus ist leider nichts geworden.

Sicher war es kein schlechter Gedanke, die Skulpturen in den jederzeit zugänglichen Carl-Duisberg-Park nahe der Konzernzentrale umzusiedeln – umso trauriger: Die Folgen solch verabscheuungswürdiger Diebstähle für die dauerhafte Ausstellung von Kunst im öffentlichen Raum sind unabsehbar. Die entwendeten Werke sind fort. Die verbleibenden Exponate müssten engmaschiger bis lückenlos überwacht werden, was eine erhebliche Kostensteigerung mit sich bringen würde. Die Kunstwerke könnten durch Repliken ersetzt werden – auch nicht gerade kostengünstig und bestimmt nicht im ursprünglichen Sinn der Bereicherung zugänglicher Areale. Ebenfalls sind die Repliken nicht vor Diebstahl sicher und müssten gesichert werden. Die dem öffentlichen Raum entzogenen und sichergestellten Originale – ob nun durch Attrappen ersetzt oder nicht – könnten ihren Weg aus den Lagern auf einen den privaten Kunstmarkt finden und wären damit ebenfalls für die Bürger verschwunden! Die Allgemeinheit nimmt angesichts dieser im höchsten Maße rücksichtslosen Kriminalität einen nicht zu unterschätzenden Schaden.

Artikel in der Rheinischen Post

Artikel im Kölner Stadtanzeiger